DE: Konkurencja podatkowa i demokracja bezpośrednia są dobre (Badische Zeitung 11.09.2010)

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DE: Konkurencja podatkowa i demokracja bezpośrednia są dobre (Badische Zeitung 11.09.2010)

Źródło: 
http://www.badische-zeitung.de/wirtschaft-3/steuerwettbewerb-ist-gut--35237943.html

"Steuerwettbewerb ist gut"

BZ-INTERVIEW mit Lars Feld, dem neuen Leiter des Freiburger Walter-Eucken-Instituts.

teuerwettbewerb und direkte Demokratie drücken das Niveau der Staatsschulden und sorgen für einen effizienten Einsatz öffentlicher Mittel. Dies zeige das Beispiel Schweiz, sagt der Freiburger Wirtschaftsprofessor Lars Feld.

SBZ: Baden-Württemberg ist eine weitere Steuer-CD angeboten worden. Auf ihr sollen Daten gespeichert sein, die die Steuerhinterziehung deutscher Unternehmen in der Schweiz belegen. Wären Sie Finanzminister, würden Sie die CD kaufen?
Feld: Ich bin froh, dass ich nicht in der Haut von Herrn Stächele stecke. Die Steuerfahndung ist ein zweischneidiges Schwert, wenn es um die Eindämmung von Steuerhinterziehung geht. Erst recht, wenn sie auf zwielichtigen Quellen beruht, wie es bei den Steuer-CDs ja der Fall ist. Einerseits schrecken Strafen und Kontrollen ab. So funktioniert unser Strafrecht. Andererseits darf der Staat mit diesen Maßnahmen keine Grenzen überschreiten. Dann nimmt die Steuermoral Schaden, also die Bereitschaft der Bürger, sich an den Kosten eines Gemeinwesens zu beteiligen. Die Steuermoral hängt von drei Faktoren ab: Zum einen von den öffentlichen Leistungen des Staates, zum anderen von der Akzeptanz der politischen Entscheidungsprozesse, die beispielsweise zur Steuergesetzgebung führen. Eine wichtige Rolle für die Steuermoral spielt aber auch der Umgang des Staates mit dem Steuerzahler. Hält sich der Staat bei der Steuerfahndung selbst nicht an Regeln, kann dies die Steuermoral aushöhlen.

BZ: Es war Klaus Zumwinkel, der Millionen Euro an Steuern in Liechtenstein hinterzogen hat. Nicht der deutsche Staat, sondern der ehemalige Post-Chef hat die Regeln gebrochen. Es ist nachzuvollziehen, dass der deutsche Staat dann zu drakonischen Mitteln wie dem Ankauf illegal gewonnener Daten greift. Feld:Nachzuvollziehen ist das schon. Schließlich hat sich der Kauf der Liechtenstein-CD ja für den deutschen Staat gelohnt. Den Ausgaben für die CD stehen viel höhere Steuernachzahlungen und Strafen gegenüber.

BZ: Hat das Vorgehen gegen Zumwinkel nun nachhaltig die Steuermoral der deutschen Bürger geschädigt oder nicht?
Feld: Noch einmal: Der Staat hat Gesetze, die er durchsetzen muss, vielleicht auch mit unkonventionellen Mitteln. Beim Fall Zumwinkel kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Herr Zumwinkel ist vermögend. In solch einem Fall wird das drakonische Vorgehen des Staates gegen Steuerhinterziehung viel Beifall beim einfachen Steuerzahler finden. Das Steuersystem wird ja als Instrument zur Umverteilung angesehen. Trotzdem: Die Art und Weise, wie der Staat an Informationen herankommt, spielt schon eine Rolle. Gerade bei denjenigen, die die Möglichkeit haben, Steuern im großen Stil zu hinterziehen, könnte die Geheimdienstaktion zu einer "Jetzt erst recht"-Reaktion führen.

BZ: Strafverfolgung, schärfere Kontrollen – wir lassen es, weil es langfristig nichts bringt?
Feld: Das wäre die falsche Schlussfolgerung. Wir müssen uns aber Gedanken darüber machen, wie wir intelligent besteuern und der Staat muss den Steuerzahlern auch etwas bieten. Zum Beispiel Stabilität. Dafür wird die Bundesrepublik nach wie vor geschätzt.

BZ: Bei einer internationalen Steuerharmonisierung gäbe es keine Steuerflucht mehr.
Feld: Steuerwettbewerb ist eine gute Sache, weil er die Vielfalt respektiert. Länder sind unterschiedlich, haben verschiedene wirtschaftliche Schwerpunkte. Ist beispielsweise in einem Land die Automobilindustrie ein Schwergewicht, dann muss man die Körperschaftssteuer anders ausgestalten, als wenn die Finanzbranche die Ökonomie dominiert. Wir leben auch in einer Welt, in der der Staat nicht immer das tut, was er soll. Hier sorgt der Steuerwettbewerb dafür, dass eine übermäßige Besteuerung eingeschränkt wird – sprich, dass der Staat nicht zu viel von seinen Bürgern verlangt und ihnen möglichst gute öffentliche Leistungen anbietet. Ansonsten wandern die Bürger oder die Unternehmen ab. Außerdem können bei Steuerwettbewerb leichter neue Ideen entstehen, die uns helfen, uns an neue Bedingungen anzupassen, die wir jetzt noch nicht vorhersehen können.

BZ: Steuerwettbewerb führt nach Einschätzung vieler zu niedrigen Steuersätzen für die Reichen und geringen Sozialleistungen für die Armen.
Feld: Diese Vorstellung ist zu stark vereinfacht. Zwar übt der Steuerwettbewerb einen Druck auf die Steuersätze aus und schränkt die Möglichkeiten der Einkommensumverteilung ein. Aber er führt vor allem dazu, dass die Ausgaben des Staates geringer werden und die Staaten die Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, auch zielgenauer einsetzen. Das haben Untersuchungen in der Schweiz, wo die Kantone und Gemeinden ja im Steuerwettbewerb stehen, gezeigt.
BZ: Was heißt denn überhaupt zielgenauer?
Feld: Die Mittel sind knapper, aber es wird nicht, wie oft gefürchtet, zuerst bei den Armen gespart. Man kürzt vielmehr die Ausgaben für die Mittelschicht, wo die stärkste Umverteilung stattfindet.

BZ: Die Schweiz – der bessere Sozialstaat?
Feld: Wenn Sie als Ziel des Sozialstaats vor allem die Umverteilung von den Reichen zu den Armen sehen, dann ja. Nehmen Sie die Familienpolitik in Deutschland. Über sie wird vor allem innerhalb der Mittelschicht umverteilt. In manchen Fällen wie dem Elterngeld profitieren sogar vor allem die Bezieher höherer Einkommen. Das Elterngeld hilft sicherlich nicht bei der Bekämpfung der Kinderarmut.

BZ: Die Schweiz weist eine geringere öffentliche Verschuldung auf als die Bundesrepublik. Warum?
Feld: Um es plakativ zu sagen: Die Schweizer gehen vernünftiger mit ihren Mitteln um. Dazu trägt neben dem Steuerwettbewerb als wesentlichem Standbein des Schweizer Föderalismus auch die direkte Demokratie bei. Die Bürger haben selbst die Möglichkeit, über ihre Steuersätze und die Ausgaben des Staates zu entscheiden. Das heißt: Der, der zahlt, entscheidet auch darüber, was ausgegeben wird. Hinzu kommt, dass viel ausländisches Kapital in die Schweiz fließt. Immer schon ist der Kapitalzufluss in die Schweiz zum Teil durch Steuerhinterziehung oder Ähnliches bestimmt gewesen. Zum Teil floss das Kapital aber auch als Anlage in eine stabile Währung in einem sicheren Hafen.

BZ: Herr Feld, Sie waren bei der Kommission zur zweiten Föderalismusreform dabei. Trotzdem können die Baden-Württemberger nach wie vor nicht über die Höhe ihrer Einkommenssteuersätze entscheiden. Konnten Sie die Politiker in der Kommission nicht von den Vorteilen des Schweizer Modells überzeugen?
Feld: In der ersten Föderalismuskommission waren Wissenschaftler noch Mitglieder, in der zweiten Kommission hatten sie nur noch eine beratende Funktion. Ich habe während meiner Arbeit in der Kommission das Schweizer Modell gepriesen. Auch vor dem Hintergrund, dass die Bundesländer nach Einführung der Schuldenbremse Möglichkeiten brauchen, um sich an wirtschaftliche Veränderungen anpassen zu können. Bislang konnten sie dies zum einen über das Schrauben an den Ausgaben oder über neue Schulden. Die letztgenannte Möglichkeit entfällt durch die Schuldenbremse. Die Haushaltsautonomie der Länder, die grundgesetzlich abgesichert ist, beschränkt sich dann nur noch auf die Ausgabenseite, bei der auch der Bund ein gewichtiges Wort mitredet – zum Beispiel bei den Sozialausgaben. Diese Einschränkung kann nicht sein. Deshalb brauchen die Länder mehr Finanzautonomie. Ich könnte mir ein Zuschlagsrecht der Länder bei der Einkommens- und Körperschaftssteuer vorstellen. 2019, wenn der Solidarpakt II ausläuft und der Länderfinanzausgleich neu geregelt werden muss, wäre ein geeigneter Zeitpunkt für die Einführung. Falls die finanzschwachen Länder in dem Steuerwettbewerb Probleme sehen, kann ich mir auch eine ganze Reihe von Übergangsszenarien vorstellen.

BZ: Die Bundesregierung hat ein Sparpaket verabschiedet. Findet es Ihre Zustimmung?
Feld: Das Sparpaket kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Es wird im Aufschwung konsolidiert und das auf eine intelligente Art und Weise. Ein Beispiel: 50 Prozent der Ausgaben des Bundes entfallen auf den Sozialetat. Wenn man sparen will, kommt man also am größten Einzelposten im Haushalt nicht vorbei. Ich kann deshalb das Klagen über die dortigen Einschnitte nicht nachvollziehen.

BZ: Was macht einen guten Ökonomen aus? Gute Mathematikkenntnisse oder das Wissen über die Institutionen, Gesetze und die menschliche Natur?
Feld: Ein guter Wirtschaftswissenschaftler sollte sowohl ein guter Mathematiker als auch ein guter Kenner von Institutionen und Regeln sein. Mathematik hilft, wirtschaftliche Vorgänge klar und stringent darzustellen. Sie ist auch unverzichtbar, wenn man empirisch arbeitet. Also zum Beispiel testet, wie sich unterschiedliche Politikansätze auf dem Arbeitsmarkt auswirken. Mathematik allein reicht jedoch nicht. Man muss auch die institutionellen Rahmenbedingungen kennen – wie zum Beispiel das Arbeitsrecht, das Sozialrecht und das Steuer- und Haushaltsrecht.  

ZUR PERSON: LARS FELD

Was bedingt Steuermoral? Wie muss ein Steuersystem ausgestaltet sein, dass das Gemeinwohl fördert? Wie wirken sich unterschiedliche Formen desFöderalismus aus? Mit solchen Fragen beschäftigt sich der neue Leiter des Freiburger Walter-Eucken-Instituts (Jahrgang 1966) schon seit mehreren Jahren. Thema seiner Doktorarbeit, die er an der Uni St. Gallen schrieb: "Steuerwettbewerb und seine Auswirkungen auf Allokation und Distribution: eine empirische Analyse für die Schweiz." Von 2002 bis 2006 war Feld Professor für Volkswirtschaftslehre an der Philipps-Universität Marburg. Danach wechselte er nach Heidelberg, wo er einen Lehrstuhl für Finanzwissenschaft übernahm. Der Ökonom schätzt Interdisziplinarität – also die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus anderen Forschungsgebieten wie zum Beispiel der Rechts- und Politikwissenschaft. Seit 2003 ist Feld, der jetzt
auch als Professor für Wirtschaftspolitik an der Uni Freiburg lehrt, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzminsterium. Lars Feld ist verheiratet und hat drei Kinder.  

INFO: WALTER-EUCKEN-INSTITUT

Walter Eucken (geboren 1891) hat als führender Kopf der Freiburger Schule mit seinen Schriften die Basis der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland gelegt. Bis 1950, als er in London starb, arbeitete er die Funktionsbedingungen einer freiheitlichen Wirtschafts- und Sozialordnung
heraus, die Vorbild für den Wiederaufbau nach 1945 war. Euckens Ziel: eine Wirtschaftsordnung, die funktionsfähig und menschenwürdig ist. Das Walter-Eucken-Institut pflegt die Ideen Euckens und entwickelt sie weiter.